Erzähltheater Landstreich
Während dem Leiferer SagenProjekt haben wir auch die in Leifers bekannte Sage um den Schatz auf dem Peterköfele neu erzählt. Die ursprüngliche Niederschrift fanden wir in einem uralten Sagenbuch, das Flora in der MitnehmKiste der Leiferer Bibliothek gefunden hatte.
Berta hat dann sehr schön von dem in der Sage vorkommenden Mädchen und seiner Nandl erzählt, was eine nette Vorgeschichte ergab.
Und Flora hatte für die Geschichte der weißen Frau einen Sagenkeim beigetragen, nämlich die Feindschaft der Familien von der Leuchtenburg ober dem Kalterer See und der Burg Lichtenstein, die, getrennt von der Etsch, sich bis aufs Blut bekämpften. Heute ist von der Burg Lichtenstein nur mehr das Peterköfele übrig, welches wohl einst die Kapelle der alten Burg gewesen war.
Auch von der Leuchtenburg gibt es nur mehr Ruinen zu betrachten.
Dieser Sagenkeim war für uns ganz besonders spannend, denn wir wussten nur, das es diese zwei Burgen gegeben hatte. Daraus wurde dann die Sage um die Feindschaft der zwei Familien und dem schlimmen Schicksal der weißen Frau vom Peterköfele.
Ich habe diesmal die ursprüngliche Sage, welche wir in dem alten Buch vorfanden, der von uns neu erzählten vorangestellt. Der Vergleich zeigt deutlich, wie sich Geschichten und Sagen verändern können, wenn sie mündlich und frei weiter erzählt werden, wie jede/r Erzähler/in etwas neues dazugibt oder etwas altes fortlässt und die Wortwahl der individuellen Sprache anpasst. Ich habe die Sage dann in Hochdeutsch aufgeschrieben, erzählt wurde sie damals von den Erzählerinnen in Mundart.
Auf dem Peterköfele ober Leifers wohnt eine verzauberte Jungfrau, welche einen Schatz hüten muß. Sie wäre gerne erlöst, und viele haben es schon versucht, die Jungfrau zu befreien und den Schatz zu gewinnen, aber das hätte nur ein unschuldiges Kind zustande bringen können. Einmal war die Jungfrau nahe daran, erlöst zu werden.
Es stieg nämlich an einem Frühlingsmorgen ein Mädchen von zwölf Jahren aus Leifers zum Kirchlein empor, um oben Blumen und allerlei Kraut zu pflücken. Während es so im eifrigsten Sammeln war, trat ein gar vornehmes Fräulein herzu und half dem Kind bei seiner Arbeit. „Wozu brauchst du denn die Kräuter?“ fragte sie das Mädchen. Dieses sagte: „Ich muß sie der Nahnl bringen, die bereitet heilsamen Trank daraus.“ Als es gegen Mittag ging und das Kind nach Hause wollte, sagte das Fräulein: „Willst du mir nicht auch einen Dienst erweisen?“
„Ja, gern“, erwiderte das Mädchen. „Siehe“, fuhr das Fräulein fort, „ich bin da heroben verzaubert, und du kannst mich erlösen. Komm morgen um dieselbe Zeit wieder herauf, dann wirst du mich auch wieder finden, aber nicht mehr in Menschengestalt, sondern in der Gestalt eines Wurmes. Dreimal wird er sich um deinen Leib winden, das drittemal aber legt er, wenn du aushältst, einen goldenen Schlüssel in deinen Mund, mit dem du die Tür zum Schatz öffnen kannst. Der Schatz gehört dir zur Belohnung, aber Furcht darfst du keine haben, es geschieht dir auch nichts.“ Das Mädchen versprach zu kommen und ging heim, sagte aber nichts von der Jungfrau und dem Schatze.
Am andern Tag kam es richtig wieder zur Stelle und wartete nicht lange, da kroch ein Wurm heran mit einem goldenen Schlüssel im Maul und wand sich um den Leib des Kindes bis zum Halse hinauf. Der Wurm war so eiskalt, und das Mädchen schauderte, doch es überwand die Furcht. Schon ringelte sich das unheimliche Tier ein zweites Mal herum, und auch diesmal noch hielt das Kind stand. „Ist es doch bald vorbei“, dachte es, „und dann habe ich das Fräulein erlöst.“ Als aber der Wurm sich das drittemal um den Hals des Mädchens schlang und sein häßlicher Kopf sich zum Munde der Kleinen heranbog, um ihr den Schlüssel hineinzulegen, da tat sie einen Schrei des Entsetzens und schnellte mit dem Kopfe zurück. jetzt kroch der Wurm von dannen und den Felsen hinab. Auch das Kind lief in Schrecken davon und hörte noch lange hinter sich laut jammern.
Diese Sage (und viele andere) findet ihr auch unter:
www.sagen.at
Ganz, ganz tief drin im Brantental ist einmal eine alte Hütte gestanden, die war ganz versteckt unter den knorrigen Tannenbäumen gestanden, man hatte schon genau schauen müssen, um sie überhaupt sehen zu können. In dieser Hütte lebte ganz einsam und allein eine alte, schrullige Nandl, die sich im Wald und Flur auskannte, jeden Baum und jedes Kräutlein kannte sie und aus all dem, was sie im Wald und auf der Wiese fand, kochte sie Salben, setzte Tinkturen an und braute so allerlei Heilmittelchen in ihrer alten, rußgeschwärzten Küche.
Den Leuten im Dorf war die alte Nandl nicht ganz geheuer, oft wurde bös von ihr geredet, die Leute lachten sie für ihr eigenwilliges und einsames Leben aus, verspotteten sie hinter ihrem Rücken. Aber wenn den Dorfbewohnern das Vieh krankte, oder einer eine Wunde hatte, die nicht recht verheilen wollte, das Fieber bei Krankheit nicht weichen wollte, dann schlich so manch einer in später Nacht zur Nandl, um sie um das ein oder andere Heilmittelchen zu bitten, war sie doch die einzige in der Gegend, die sich auf diesee Dinge verstand.
Die Nandl hatte aber eine Enkelin. Das Mädchen besuchte ihre Nandl so oft sie nur konnte, hörte ihr stundenlang zu wenn die Nandl von den alten Zeiten erzählte, lernte von ihr die Kräuter und deren Geheimnisse kennen, half ihrer Großmutter oft beim sammeln von Kräutern und Wurzeln.
Eines Tages ging das Mädchen hinauf zum Peterköfele um Kräuter für ihre Nandl zu sammeln. Es war ein schöner sonniger Tag im Frühjahr, überall blühten die Blumen auf und allerlei Vögel zwitscherten in den Wipfeln der Bäume. Wie sie nun oben beim Peterköfele anlangte, fand sie einen ganzen Strauß wundervoller Schlüsselblumen. Sie pflückte die Blümchen, und wie sie sich grad wieder aufrichtete, da stand vor ihr plötzlich eine weiße Frau vor ihr.
Das Mädchen erschrak, aber die weiße Frau sagte mit einer feinen, warmen Stimme:
„Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Komm her zu mir, setz dich zu mir, ich möchte dir etwas erzählen und wenn du mir gut zuhörst, kannst du mir vielleicht helfen.“ So begann die Frau zu erzählen und das Mädchen hörte ihr mit großen Augen zu:
„Vor vielen, vielen Jahren ist dort, wo heut das Peterköfele steht, eine Burg gestanden: Die Burg Lichtenstein. Auf der anderen Seite der Etsch, auf dem Hügel wo jetzt nur mehr eine Ruine steht, war auch eine Burg gestanden, da haben einst die Leuchtenburger gewohnt.
Die Familien aber, die in den Burgen gehaust haben, die waren seit Generationen schon verfeindet, und niemand, kein Familienmitglied, keine Magd, kein Knecht durfte auch nur ein Wort mit einem der Bewohner der anderen Burg wechseln. Die Lichtensteiner hatten einen recht stattlichen Sohn gehabt, ein guter und geschickter Bursche. Die Leuchtenburger aber hatten eine schöne Tochter, die aber so gar nichts mit dem zu tun hatte, was Frauen in dieser Zeit sonst so taten, sie wollte nicht sticken und nähen, nicht singen und Flöte spielen. Viel lieber trieb sie sich im Stall bei den Tieren herum, übte mit ihren Brüdern das Bogenschiessen und ging mit ihnen auf die Jagt.
Eines Tages als sie wieder einmal zur Jagt ausritten, da geschah es, das auf der anderen Seite der Etsch die Lichtensteiner ebenfalls jagten. Der Sohn der Lichtensteiner sah nun die Tochter der Leuchtenburger und als ihre Blicke sich trafen, da verliebten sich beide unsterblich ineinander.
Seit diesem Tage sind beide, wann immer es ihnen ungesehen möglich war, zur Etsch gegangen, jeder stand auf seiner Uferseite, und sie taten nichts anderes als sich anzusehen. Und obwohl sie beide gewusst haben, das es keinen Weg zueinander gab, konnten sie doch nicht anders als Nacht für Nacht zum Etschufer zu gehen, einander zu sehen.
Aber bald sind die Eltern drauf gekommen, was ihre Kinder da taten, sind ihnen gefolgt und haben sie bei ihren Treffen überrascht. Die Mutter des Mädchens wurde furchtbar zornig und rief in ihrer Wut: „Du falsche Schlange verbündest dich mit unserem Feind? Dann sollst du auch den Rest deines Lebens als Schlange fristen!“ Kaum war der Fluch ausgesprochen, da verwandelte sich die junge Frau in eine große Schlange, die ohne einen weiteren Laut in den Wald verschwand. Der Bursche aber wurde von seiner Familie in ein Verließ unter der Burg geworfen, wo er bis zu seinem Lebensende blieb.
So ist es gewesen und nun höre: das Mädchen von einst, das da verflucht war, das war ich und bis heute bin ich als Schlange verwunschen; nur du kannst mich heute als Frau sehen, alle anderen Menschen zu anderen Zeiten sehen mich nur als Schlange. Aber du, Mädchen, kannst mich erlösen:
Wenn du morgen um die gleiche Zeit herauf kommst, dann wirst du mich hier wieder treffen, aber nicht als Frau, sondern als Schlange. Ich werde auf dich zukriechen und einen goldenen Schlüssel zwischen meinen Giftzähnen tragen. Du musst ganz ruhig stehen bleiben und keinen Laut darfst du von dir geben. Ich werde mich um deine Beine winden, dann um deinen Bauch und zuletzt um deinen Hals. Und wenn du nichts sagst, keinen Ton, dann lege ich dir den goldenen Schlüssel in den Mund. Ist das geschehen, so bin ich erlöst und frei vom bösen Zauber. Und du hast den Schlüssel, der das geheime Tor unter dem Peterköfele zu einem Schatz öffnet, zur Belohnung für deine Hilfe.“
Mit diesen Worten verschwand die weiße Frau wieder ließ das Mädchen allein zurück.
Nachdem die Frau verschwunden war, ging das Mädchen heim, es hat die ganze Nacht nicht schlafen gekonnt und am nächsten Morgen, ganz früh, ist es aufgestanden und hat sich auf den Weg zum Peterköfele gemacht. Und tatsächlich, zu der selben Uhrzeit wie am Tag zuvor kroch eine große Schlange aus den Büschen unter der Kapelle, die trug einen goldenen Schlüssel in ihrem Maul. Das Mädchen blieb still stehen, wie die weiße Frau es zu ihr gesagt hatte und die Schlange wand sich um ihre Beine. Das Mädchen blieb ganz still. Dann wand sich die Schlange um ihren Bauch und auch jetzt hielt das Mädchen still. Dann schlang sich das Tier um ihren Hals und das Mädchen blieb, trotz ihrer Furcht ganz ruhig. Als aber die Schlange den Schlüssel in ihren Mund legen wollte, da überwältigte sie die Furcht und sie tat voller Grausen einen lauten Schrei. Da ließ im selben Moment die Schlange den Schlüssel fallen, der den Hang herab fiel, und der Wurm kroch davon und verschwand für immer im tiefen Wald. Das Mädchen aber brach im nächsten Moment zusammen und wurde erst später dort gefunden, bleich und Krank. Ihre Eltern und auch ihre Nandl pflegten sie, so gut sie konnten, aber nach drei Tagen im Fieber verstarb das arme Mädchen.
Der Schatz aber, der liegt noch immer dort oben unter dem Peterköfele und wenn ihr den Schlüssel findet, den die Schlange hat herabfallen lassen, könnt ihr den Schatz heben. Versucht es nur.
(Neu erzählt von Berta, Flora und Marianne)
Erster Blogbeitrag zum Leiferer Sagenprojekt:
Das Leiferer SagenProjekt
Weiteres zum Leiferer SagenProjekt:
Die Nisslburgsage