Erzähltheater Landstreich
Onkel Tonka, der weise Narr, der närrische Weise, mischt beim Fasching kräftig mit:
Ob Geschichten von frechen Schelmen, sorglosen Glückspilzen, rollenden Marillenknödeln oder des Doktors Katze, Onkel Tonka weiß zu allem einen lustigen Schwank zu erzählen!
Christopher Robin Goepfert erzählt in seiner Narrenposse als Onkel Tonka frei Geschichten und läd mit unterhaltsamen Spielen zum Mitmachen ein.
Dauer: mindestens 45 Minuten / nach Absprache
Geeignet für: 5 bis 12 Jahre
Vor einiger Zeit habe ich mich mit einer lieben Kollegin über Märchen und Geschichten im Allgemeinen und im Speziellen unterhalten. Ich weiß nicht mehr warum, aber wir kamen auf das Thema „Zaubermärchen“ und wie wir mit den phantastischen Elementen darin umgehen . . .
Da musste ich lange in meinem Repertoire suchen und feststellen, das ich kaum Zaubermärchen erzähle. Das Gros meiner Geschichten sind Schwänke, Schelmengeschichten, Schwankmärchen. Hier und da eine aufgearbeitete Sage. Wenn Zauber vorkommen, dann meistens als Teil eines Schwankmärchens.
Zu Beginn meiner Erzählerarbeit habe ich einige Male eine aus dem deutschen Sprachraum kommende Kreuzung von Jacobs‘ „Jack und die Bohnenranke“ und Grimms „Tischlein deck dich“ erzählt, aber nur im Rahmen eines langen Schwankes, in dem ein gewitzter Schelm mit diesem Märchen die Herkunft gefälschter Zaubergegenstände erklärte, welche er in betrügerischer Absicht einem reichen Geizkragen unterjubeln wollte. Gewissermaßen habe ich jenes Zaubermärchen also auch nicht selbst erzählt, sondern an eine Figur in der Geschichte übergeben, die das dann überzeugend und gekonnt übernommen hat.
Wenn ich nun meine Geschichtensammlung durchgucke, finde ich im hintersten Teil einen ganzen Satz mit Märchen, die ich irgendwann einmal zum Erzählen vorbereitet habe, weil mich ihre Themen angesprochen haben, welche aber nie oder nur vereinzelt ihre Wege in meine Programme gefunden haben; die meisten aus diesem Bereich sind Zaubermärchen.
Eigentlich sonderbar: Wenn ich Zaubermärchen von anderen ErzählerInnen höre, oder wenn ich sie lese, gefallen mir viele von ihnen. Aber wenn ich sie zum eigenen Erzählen aufarbeiten möchte, gelingen sie mir nicht leicht. Sie kosten mich erheblich mehr Aufwand, wenn ich sie zubereite.
Ich werde mir wohl in naher Zukunft mal wieder ein paar Zaubermärchen vornehmen, und diese, genauso wie mich selbst, aktiv mit diesem Umstand konfrontieren. Es scheint mir, als ob in der Arbeit mit den Zaubermärchen noch einiges an Potenzial steckt . . .
In diesem Workshop wird der Erzähler mit den Schülern einige lebhafte und unterhaltsame Aktionen und Spiele zum Thema „Wie erzähle ich eine Geschichte?“ veranstalten.
Dabei können die Schüler selbst Themen vorschlagen und werden in Klein-Gruppen gemeinsam Kurzgeschichten erarbeiten.
Um die kreativen Prozesse zu unterstützen werden Spiele gespielt, die zum Improvisieren einladen, den Wortschatz aktivieren und die Handlungsfähigkeit stärken.
Zum Abschluß des Workshops erzählen die Schüler frei ihre Arbeiten.
Dauer: 2 oder 4 Schulstunden
Geeignet für: 4. Klasse GS bis 2. Klasse MS
Es ist Winter, draußen ist es kalt.
Es ist Nacht, draußen ist es dunkel.
Ein alter Wolf klopft an die Türe der Henne.
Er möchte eine Steinsuppe kochen.
Nur mit Wasser und Stein!
Geht denn das? Nur mit Stein?
Und werden wir davon satt?
Oder gibt es zum Schluss doch noch Hühnersuppe?
Und welche Geschichten erzählen die Tiere, während sie auf die Suppe warten?
Christopher Robin kocht die Steinsuppe und erzählt dabei allerlei bunte Geschichten aus seinem reiselustigen Koffertheater.
Eine Zeit lang habe ich für meine Erzählerpersonnage „Onkel Tonka“ nach kurzen Geschichten gesucht, die von einem närrischen Weisen erzählen, ähnlich den Geschichten, die es vom weithin bekannten Narren und Weisen Nasreddin Hodscha gibt. Manche habe ich direkt vom Hodscha übernommen und auf Onkel Tonka umgemünzt. Aber einige habe ich selbst erfunden und manchmal kamen die Ideen von unerwarteter Seite.
Für die Geschichte von den Apfelkernen fand ich folgenden Witz in einer Schülerzeitung meines Sohnes:
Martin: „Hi Johannes, willst du meine Apfelkerne kaufen? Sie machen dich klug. Du bekommst einen für nur 2 Euro!“ Johannes: „Na gut, dann versuch ich einen.“ Er gibt Martin 2 Euro, nimmt den Apfelkern und kaut darauf herum: „Naja. Teuer sind sie aber schon, für zwei Euro hätte ich ja ein ganzes Kilo Äpfel bekommen und dann selbst ganz viele Apfelkerne gehabt…“ Martin: „Siehst du, mein Apfelkern wirkt schon!“
Diesen Witz in einen kurzen Schwank umzuarbeiten, war nicht schwer, denn seinen Kern habe ich nur etwas ausgeschmückt und ausgedehnt. Noch eine kurze Beschreibung von Onkel Tonka und dem Setting, in dem der Dialog stattfand, natürlich ein Basar, ein großer, bunter Marktplatz, davor erzählt und schon war eine nette Tonka-Geschichte fertig zum Vortrag:
Der weithin bekannte Onkel Tonka war nicht nur ein furchtbar gescheiter Mensch, der zu allen Dingen des Lebens eine Rat wusste, ja, und das er ein geschickter Handwerker war, war den Leuten wohl bekannt; aber der Tonka war auch ein ausgezeichneter Händler, der sich darauf verstand, seinen Kunden nicht nur seine angepriesene Ware zu verkaufen, sondern auch die ein oder andere, oft teure, Erkenntnis obendrein.
Eines Tages stand Onkel Tonka auf dem Markplatz eines großen Basars, auf welchem es die alltäglichsten, einfachsten wie auch die wundervollsten, exotischsten Waren zu bestaunen, zu betasten, zu kosten und zu kaufen gab. Onkel Tonka aber bestaunte, betastete, kostete und kaufte nichts, nein, er verkaufte; lauthals pries er den vorbeieilenden Marktbesuchern seine Ware an:
„Apfelkerne, frische Apfelkerne, kauft meine Apfelkerne!“
Die Leute hörten das und viele schauten ihn groß an, schüttelten nur mit dem Kopf und eilten dann weiter. Einer jedoch blieb stehen, schaute Onkel Tonka eine zeitlang bei seiner Arbeit zu und fragte endlich:
„He, Onkel Tonka, sag mal, Apfelkerne? Ist das dein Ernst? Du verkaufst Apfelkerne? Die kauft dir doch im Leben keiner ab!“
„Ach,“ sprach da Onkel Tonka, „ich finde sicher jemanden, der mir meine Apfelkerne abkauft. Es sind schließlich besondere Apfelkerne . . .“
„Soso,“ sagte der Eine, „was ist denn an deinen Apfelkernen so besonders?“
„Sie machen gescheit! Wer von meinen Apfelkernen isst, der wird klug. Versuch doch mal einen und du wirst erstaunt sein, welche Erkenntnis er dir bringt!“
„Na, ich weis nicht . . . was sollen sie denn kosten?“
„Nur zwei Taler pro Apfelkern! Ein besonders günstiges Angebot.“
„Was, zwei Taler? Pro Stück? Das ist ja viel zu viel!“
„Ja, aber bedenke doch: sie machen klug!“
Der Eine überlegt hin und her: „Na gut, gib mir einen, ich versuche es.“
Er gab also zwei Taler hin und bekam dafür einen Apfelkern, den er in seinen Mund steckte und andächtig darauf herum kaute. Da sagte er mit einem Mal: „Aber ehrlich, Onkel Tonka: zwei Taler ist schon ziemlich teuer für einen Apfelkern; für zwei Taler bekomme ich schließlich dort vorn beim Obsthändler ein ganzes Kilo Äpfel, und dann hätte ich Apfelkerne noch und nöcher . . .“
„Na siehst du,“ antwortete ihm der Tonka da, „meine Apfelkerne wirken schon!“
Feuer und Eis sind zwei Urgewalten, die einst unseren Planeten formten und nach wie vor eine besondere Faszination ausüben.
An diesem Abend lauschen wir Geschichten, die sich zwischen den gegensätzlichen Polen von Kälte und Wärme, Dunkelheit und Licht abspielen. Wir lassen uns von der Anziehungskraft und dem Widerspruch dieser Naturelemente in den Bann ziehen.
Der Abend findet in der bewährten Besetzung statt:
Leni Leitgeb erzählt packend und fesselnd Märchen aus aller Welt; Marialuise Stanghier tanzt dazu geschmeidig und mitreißend und erweckt die Figuren aus den Märchen zum Leben, Christopher Robin Goepfert kocht wohlschmeckende Speisen in der nordafrikanischen Tajine.
Es werden andere Geschichten als in den vorigen Jahren erzählt. Alle, die schon einmal dabei waren, sind also wieder herzlich willkommen!
Weitere Infos und Anmeldung unter:
https://www.jukas.net/veranstaltungen/detail/zwischen-feuer-und-eis-249/
Wo immer wir Onkel Tonka treffen, trägt er seinen alten, abgewetzten Koffer mit sich herum; darin rumpelt und pumpelt es, es scharrt und kratzt… wenn er seinen Koffer öffnet, werden wir erfahren, welch wundersame Wesen er darin versteckt hält und was es darüber zu erzählen gibt.
Der Erzähler läd die Kinder auf eine verzauberte Reise ein, quer durch seine frei erzählten Geschichten und Fabeln, begleitet von den sonderbaren Gestalten und klugen Tieren, die in seinem geheimnisvollen Koffer stecken.
Zeitungsbericht: TajineKochzeit misst sich in Geschichten
RAI-TV-Beitrag: Der MärchenKoch
Während dem Leiferer SagenProjekt haben wir auch die in Leifers bekannte Sage um den Schatz auf dem Peterköfele neu erzählt. Die ursprüngliche Niederschrift fanden wir in einem uralten Sagenbuch, das Flora in der MitnehmKiste der Leiferer Bibliothek gefunden hatte.
Berta hat dann sehr schön von dem in der Sage vorkommenden Mädchen und seiner Nandl erzählt, was eine nette Vorgeschichte ergab.
Und Flora hatte für die Geschichte der weißen Frau einen Sagenkeim beigetragen, nämlich die Feindschaft der Familien von der Leuchtenburg ober dem Kalterer See und der Burg Lichtenstein, die, getrennt von der Etsch, sich bis aufs Blut bekämpften. Heute ist von der Burg Lichtenstein nur mehr das Peterköfele übrig, welches wohl einst die Kapelle der alten Burg gewesen war.
Auch von der Leuchtenburg gibt es nur mehr Ruinen zu betrachten.
Dieser Sagenkeim war für uns ganz besonders spannend, denn wir wussten nur, das es diese zwei Burgen gegeben hatte. Daraus wurde dann die Sage um die Feindschaft der zwei Familien und dem schlimmen Schicksal der weißen Frau vom Peterköfele.
Ich habe diesmal die ursprüngliche Sage, welche wir in dem alten Buch vorfanden, der von uns neu erzählten vorangestellt. Der Vergleich zeigt deutlich, wie sich Geschichten und Sagen verändern können, wenn sie mündlich und frei weiter erzählt werden, wie jede/r Erzähler/in etwas neues dazugibt oder etwas altes fortlässt und die Wortwahl der individuellen Sprache anpasst. Ich habe die Sage dann in Hochdeutsch aufgeschrieben, erzählt wurde sie damals von den Erzählerinnen in Mundart.
Auf dem Peterköfele ober Leifers wohnt eine verzauberte Jungfrau, welche einen Schatz hüten muß. Sie wäre gerne erlöst, und viele haben es schon versucht, die Jungfrau zu befreien und den Schatz zu gewinnen, aber das hätte nur ein unschuldiges Kind zustande bringen können. Einmal war die Jungfrau nahe daran, erlöst zu werden.
Es stieg nämlich an einem Frühlingsmorgen ein Mädchen von zwölf Jahren aus Leifers zum Kirchlein empor, um oben Blumen und allerlei Kraut zu pflücken. Während es so im eifrigsten Sammeln war, trat ein gar vornehmes Fräulein herzu und half dem Kind bei seiner Arbeit. „Wozu brauchst du denn die Kräuter?“ fragte sie das Mädchen. Dieses sagte: „Ich muß sie der Nahnl bringen, die bereitet heilsamen Trank daraus.“ Als es gegen Mittag ging und das Kind nach Hause wollte, sagte das Fräulein: „Willst du mir nicht auch einen Dienst erweisen?“
„Ja, gern“, erwiderte das Mädchen. „Siehe“, fuhr das Fräulein fort, „ich bin da heroben verzaubert, und du kannst mich erlösen. Komm morgen um dieselbe Zeit wieder herauf, dann wirst du mich auch wieder finden, aber nicht mehr in Menschengestalt, sondern in der Gestalt eines Wurmes. Dreimal wird er sich um deinen Leib winden, das drittemal aber legt er, wenn du aushältst, einen goldenen Schlüssel in deinen Mund, mit dem du die Tür zum Schatz öffnen kannst. Der Schatz gehört dir zur Belohnung, aber Furcht darfst du keine haben, es geschieht dir auch nichts.“ Das Mädchen versprach zu kommen und ging heim, sagte aber nichts von der Jungfrau und dem Schatze.
Am andern Tag kam es richtig wieder zur Stelle und wartete nicht lange, da kroch ein Wurm heran mit einem goldenen Schlüssel im Maul und wand sich um den Leib des Kindes bis zum Halse hinauf. Der Wurm war so eiskalt, und das Mädchen schauderte, doch es überwand die Furcht. Schon ringelte sich das unheimliche Tier ein zweites Mal herum, und auch diesmal noch hielt das Kind stand. „Ist es doch bald vorbei“, dachte es, „und dann habe ich das Fräulein erlöst.“ Als aber der Wurm sich das drittemal um den Hals des Mädchens schlang und sein häßlicher Kopf sich zum Munde der Kleinen heranbog, um ihr den Schlüssel hineinzulegen, da tat sie einen Schrei des Entsetzens und schnellte mit dem Kopfe zurück. jetzt kroch der Wurm von dannen und den Felsen hinab. Auch das Kind lief in Schrecken davon und hörte noch lange hinter sich laut jammern.
Diese Sage (und viele andere) findet ihr auch unter:
www.sagen.at
Ganz, ganz tief drin im Brantental ist einmal eine alte Hütte gestanden, die war ganz versteckt unter den knorrigen Tannenbäumen gestanden, man hatte schon genau schauen müssen, um sie überhaupt sehen zu können. In dieser Hütte lebte ganz einsam und allein eine alte, schrullige Nandl, die sich im Wald und Flur auskannte, jeden Baum und jedes Kräutlein kannte sie und aus all dem, was sie im Wald und auf der Wiese fand, kochte sie Salben, setzte Tinkturen an und braute so allerlei Heilmittelchen in ihrer alten, rußgeschwärzten Küche.
Den Leuten im Dorf war die alte Nandl nicht ganz geheuer, oft wurde bös von ihr geredet, die Leute lachten sie für ihr eigenwilliges und einsames Leben aus, verspotteten sie hinter ihrem Rücken. Aber wenn den Dorfbewohnern das Vieh krankte, oder einer eine Wunde hatte, die nicht recht verheilen wollte, das Fieber bei Krankheit nicht weichen wollte, dann schlich so manch einer in später Nacht zur Nandl, um sie um das ein oder andere Heilmittelchen zu bitten, war sie doch die einzige in der Gegend, die sich auf diesee Dinge verstand.
Die Nandl hatte aber eine Enkelin. Das Mädchen besuchte ihre Nandl so oft sie nur konnte, hörte ihr stundenlang zu wenn die Nandl von den alten Zeiten erzählte, lernte von ihr die Kräuter und deren Geheimnisse kennen, half ihrer Großmutter oft beim sammeln von Kräutern und Wurzeln.
Eines Tages ging das Mädchen hinauf zum Peterköfele um Kräuter für ihre Nandl zu sammeln. Es war ein schöner sonniger Tag im Frühjahr, überall blühten die Blumen auf und allerlei Vögel zwitscherten in den Wipfeln der Bäume. Wie sie nun oben beim Peterköfele anlangte, fand sie einen ganzen Strauß wundervoller Schlüsselblumen. Sie pflückte die Blümchen, und wie sie sich grad wieder aufrichtete, da stand vor ihr plötzlich eine weiße Frau vor ihr.
Das Mädchen erschrak, aber die weiße Frau sagte mit einer feinen, warmen Stimme:
„Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Komm her zu mir, setz dich zu mir, ich möchte dir etwas erzählen und wenn du mir gut zuhörst, kannst du mir vielleicht helfen.“ So begann die Frau zu erzählen und das Mädchen hörte ihr mit großen Augen zu:
„Vor vielen, vielen Jahren ist dort, wo heut das Peterköfele steht, eine Burg gestanden: Die Burg Lichtenstein. Auf der anderen Seite der Etsch, auf dem Hügel wo jetzt nur mehr eine Ruine steht, war auch eine Burg gestanden, da haben einst die Leuchtenburger gewohnt.
Die Familien aber, die in den Burgen gehaust haben, die waren seit Generationen schon verfeindet, und niemand, kein Familienmitglied, keine Magd, kein Knecht durfte auch nur ein Wort mit einem der Bewohner der anderen Burg wechseln. Die Lichtensteiner hatten einen recht stattlichen Sohn gehabt, ein guter und geschickter Bursche. Die Leuchtenburger aber hatten eine schöne Tochter, die aber so gar nichts mit dem zu tun hatte, was Frauen in dieser Zeit sonst so taten, sie wollte nicht sticken und nähen, nicht singen und Flöte spielen. Viel lieber trieb sie sich im Stall bei den Tieren herum, übte mit ihren Brüdern das Bogenschiessen und ging mit ihnen auf die Jagt.
Eines Tages als sie wieder einmal zur Jagt ausritten, da geschah es, das auf der anderen Seite der Etsch die Lichtensteiner ebenfalls jagten. Der Sohn der Lichtensteiner sah nun die Tochter der Leuchtenburger und als ihre Blicke sich trafen, da verliebten sich beide unsterblich ineinander.
Seit diesem Tage sind beide, wann immer es ihnen ungesehen möglich war, zur Etsch gegangen, jeder stand auf seiner Uferseite, und sie taten nichts anderes als sich anzusehen. Und obwohl sie beide gewusst haben, das es keinen Weg zueinander gab, konnten sie doch nicht anders als Nacht für Nacht zum Etschufer zu gehen, einander zu sehen.
Aber bald sind die Eltern drauf gekommen, was ihre Kinder da taten, sind ihnen gefolgt und haben sie bei ihren Treffen überrascht. Die Mutter des Mädchens wurde furchtbar zornig und rief in ihrer Wut: „Du falsche Schlange verbündest dich mit unserem Feind? Dann sollst du auch den Rest deines Lebens als Schlange fristen!“ Kaum war der Fluch ausgesprochen, da verwandelte sich die junge Frau in eine große Schlange, die ohne einen weiteren Laut in den Wald verschwand. Der Bursche aber wurde von seiner Familie in ein Verließ unter der Burg geworfen, wo er bis zu seinem Lebensende blieb.
So ist es gewesen und nun höre: das Mädchen von einst, das da verflucht war, das war ich und bis heute bin ich als Schlange verwunschen; nur du kannst mich heute als Frau sehen, alle anderen Menschen zu anderen Zeiten sehen mich nur als Schlange. Aber du, Mädchen, kannst mich erlösen:
Wenn du morgen um die gleiche Zeit herauf kommst, dann wirst du mich hier wieder treffen, aber nicht als Frau, sondern als Schlange. Ich werde auf dich zukriechen und einen goldenen Schlüssel zwischen meinen Giftzähnen tragen. Du musst ganz ruhig stehen bleiben und keinen Laut darfst du von dir geben. Ich werde mich um deine Beine winden, dann um deinen Bauch und zuletzt um deinen Hals. Und wenn du nichts sagst, keinen Ton, dann lege ich dir den goldenen Schlüssel in den Mund. Ist das geschehen, so bin ich erlöst und frei vom bösen Zauber. Und du hast den Schlüssel, der das geheime Tor unter dem Peterköfele zu einem Schatz öffnet, zur Belohnung für deine Hilfe.“
Mit diesen Worten verschwand die weiße Frau wieder ließ das Mädchen allein zurück.
Nachdem die Frau verschwunden war, ging das Mädchen heim, es hat die ganze Nacht nicht schlafen gekonnt und am nächsten Morgen, ganz früh, ist es aufgestanden und hat sich auf den Weg zum Peterköfele gemacht. Und tatsächlich, zu der selben Uhrzeit wie am Tag zuvor kroch eine große Schlange aus den Büschen unter der Kapelle, die trug einen goldenen Schlüssel in ihrem Maul. Das Mädchen blieb still stehen, wie die weiße Frau es zu ihr gesagt hatte und die Schlange wand sich um ihre Beine. Das Mädchen blieb ganz still. Dann wand sich die Schlange um ihren Bauch und auch jetzt hielt das Mädchen still. Dann schlang sich das Tier um ihren Hals und das Mädchen blieb, trotz ihrer Furcht ganz ruhig. Als aber die Schlange den Schlüssel in ihren Mund legen wollte, da überwältigte sie die Furcht und sie tat voller Grausen einen lauten Schrei. Da ließ im selben Moment die Schlange den Schlüssel fallen, der den Hang herab fiel, und der Wurm kroch davon und verschwand für immer im tiefen Wald. Das Mädchen aber brach im nächsten Moment zusammen und wurde erst später dort gefunden, bleich und Krank. Ihre Eltern und auch ihre Nandl pflegten sie, so gut sie konnten, aber nach drei Tagen im Fieber verstarb das arme Mädchen.
Der Schatz aber, der liegt noch immer dort oben unter dem Peterköfele und wenn ihr den Schlüssel findet, den die Schlange hat herabfallen lassen, könnt ihr den Schatz heben. Versucht es nur.
(Neu erzählt von Berta, Flora und Marianne)
Erster Blogbeitrag zum Leiferer Sagenprojekt:
Das Leiferer SagenProjekt
Weiteres zum Leiferer SagenProjekt:
Die Nisslburgsage